Verdacht auf Verstoß gegen das Grundgesetz: Anfrage an Ministerin Annette Schavan

von Jocelyne Lopez

Ich habe am 20.02.2012 folgende e-Mail an Frau Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, geschickt. Über die Entwicklungen dieser Anfrage werden wir in diesem Blog  fortlaufend und zeitnah unsere Leser informieren, sowohl bei einer Antwort als bei einer Nicht-Antwort der Ministerin:

Betr.: Vermittlung der Kritik der Speziellen Relativitätstheorie im öffentlichen Bildungssystem
Datum: 20.02.12

Sehr geehrte Frau Ministerin Schavan,

Einem Lehrer, der Informationen über die Kritik der Relativitätstheorie zur Unterrichts-
gestaltung anforderte, wurde 1994 folgende Auskunft vom Lexikonverlag Brockhaus erteilt:

Zitat Lexikonverlag Brockhaus:
[…]
2. Die Relativitätstheorie fand in der wissenschaftlichen Welt allgemein eine sehr rasche Anerkennung. Kritik wurde von einzelnen aus eher welt­anschaulichen Gründen angebracht.

Während die Einwände Ernst Gehrkes naturphilosophischer und erkenntnis­theoretischer Art waren, ging die physikalisch unhaltbare Kritik aus der sogenannten “deutschen Physik” im Dritten Reich auf den nationalsozia­listischen Rassismus und Antisemitismus zurück. Prominenteste Vertreter waren die Nobelpreisträger Philipp Lenard und Johannes Stark. Sie be­gannen sich nach Ende des Ersten Weltkriegs nationalistischen und anti­semitischen Positionen zuzuwenden und zählten schließlich zu den führen­den Köpfen der nationalsozialistischen Propaganda, die auf die Ausgren­zung und Abwertung einer angeblich “jüdischen Wissenschaft” zielte. Dabei stuften sie die Relativitätstheorie Einsteins als abstraktes mathematisches Konstrukt ohne Wirklichkeitsbezug ein, das mit seiner Unanschaulichkeit dem “jüdischen Denken” entspringe und einem “ger­manisch-deutschen Naturbild” zuwiderlaufe.

Lenard stellte der Einsteinschen Theorie eine komplizierte Weiterent­wicklung der Äthertheorie mit mehreren gegeneinander bewegten Ätherarten entgegen. Aber weder waren die Argumente gegen die Relativitätstheorie physikalisch in irgendeiner Weise stichhaltig, noch wurde die wenig überzeugende Äthertheorie Lenards von nicht-nationalsozialistischen Wissenschaftlern ernst genommen. Eigentlicher Ursprung der Angriffe war nur die nationalsozialistische Ideologie. Einzelheiten entnehmen Sie bitte den beiliegenden Biographien, die Ihnen auch weiterführende Literaturangaben bieten.

3. Die Relativitätstheorie ist heute fest in der Physik etabliert und wird von seriösen Wissenschaftlern nicht angezweifelt. Zahlreiche und immer genauer durchgeführte Experimente bestätigen sie in ausgezeich­neter Weise. Nicht zuletzt fußen auf der speziellen Relativitätstheorie auch erfolgreiche quantenphysikalische Theorien wie die Quantenelektro­dynamik, die selbst wieder sehr genau mit Experimenten übereinstimmt. Versuche einzelner heutiger Autoren, die Relativitätstheorie zu “wider­legen“, sind meist philosophisch-weltanschaulich motiviert und bleiben physikalisch oberflächlich oder in Widersprüchen hängen. Davon zu unter­scheiden sind die ernsthaften wissenschaftlichen Bemühungen, die allge­meine Relativitätstheorie quantenphysikalisch zu verallgemeinern – so wie die Relativitätstheorie ihrerseits die Newtonsche Mechanik verallge­meinert hat – und eine Theorie der “Quantengravitation” zu entwickeln. Als ein wichtiger Vertreter dieses Zweiges der theoretischen Physik sei nur der, auch durch die Medien bekannte, britische Physiker Stephen Hawking genannt.
[…]
Zitatende

Die Schüler und Studenten dürfen dementsprechend von einer im öffentlichen Bildungssystem zugelassenen Unterrichtsquelle lernen, dass Autoren nur aus antisemitischer Motivation die Spezielle Relativitätstheorie kritisiert haben, und dass es bis heute noch „keine seriösen Wissenschaftler gibt, die diese Theorie anzweifeln“. Diese Auffassungen entsprechen auch dem Grundtenor des Wissenstransfers über diese Theorie im öffentlichen Bildungssystem seit mehreren Jahrzehnten, obwohl sie nachweislich falsch sind: Gegenbeweise und gründlich dokumentierte Nachweise sind zum Beispiel in der Webseite Kritische Stimmen zur Relativitätstheorie oder im Blog Ekkehard Friebe im Internet nachzulesen.

Dass diese Auffassungen falsch sind, dürften Sie auch spätestens seit dem 14.08.2006 persönlich zur Kenntnis genommen haben, nachdem Sie mir per E-Mail den Erhalt der umfangreichen Studie der Forschungsgruppe G.O. Mueller über den Nachweis von 3789 kritischen Arbeiten von weltweit ca. 1300 Autoren über eine Zeitspanne von 95 Jahren bestätigt haben:

Zitat:
Subject: Forschungsgruppe G. O. Müller; Kritik an der Relativitätstheorie

Sehr geehrte Frau Lopez,

sie haben unter dem 31. Juli der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Dr. Annette Schavan, Mitglied des Deutschen Bundestages, unter der Überschrift “Freiheit der Wissenschaft nach Artikel 5 des Grundgesetzes” eine E-Mail zugesandt. Frau Bundesministerin Dr. Schavan lässt Ihnen danken und hat das Schreiben dem Referat “Naturwissenschaftliche Grundlagenforschung” im BMBF zur Beantwortung übergeben.

Es soll zuallererst darauf hingewiesen werden, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung aus grundsätzlichen Erwägungen keine Stellungnahme zu wissenschaftlichen Thesen und Theorien abgibt. Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung sind unter den Experten in der Wissenschaft selbst zu diskutieren. Hierzu gehört auch die von der Forschungsgruppe G. O. Müller vorgebrachte Kritik an der Speziellen Relativitätstheorie von A. Einstein aus dem Jahre 1905.

Des Weiteren ist festzustellen, dass die Ergebnisse der Forschungsgruppe G. O. Müller veröffentlicht wurden, zum einen in gedruckter Buchform und zum anderen im Internet. Die Forschungsergebnisse sind damit öffentlich breit zugänglich. Ihr Vorwurf, die Forschungsgruppe könne ihre Meinung nicht öffentlich äußern, ist daher unrichtig und eine Verletzung der Grundrechte in Bezug auf freie Meinungsäußerung kann nicht festgestellt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag Jürgen Richter
Prof. Dr. Juergen Richter
Bundesministerium für Bildung und Forschung,
Referat 711, 53175 Bonn

Demnach ist hier zu beanstanden, dass die im öffentlichen Bildungssystem offiziell zugelassenen Unterrichtsquellen Irreführung der Schüler und Studenten betreiben, dass Tausende von kritischen Autoren gegenüber den Studierenden disqualifiziert, zensiert und verleumdet werden, dass die Kritik einer Theorie aus dem öffentlichen Unterricht aufgrund von Geschichtsfälschung und von Verleumdungen völlig ausgeblendet wird, dass die fachliche Kritik einer Theorie im Unterricht nicht vermittelt und behandelt wird und nur im Internet durch private Initiativen zur Verfügung der Schüler und Studenten steht, dass die Gebote der Nicht-Identifikation mit einer Theorie und der meinungsneutralen Wissenschaftspflege, die dem Staat per Grundgesetz Art. 5 § 3 vorgeschrieben werden, im öffentlichen Bildungssystem missachtet werden. Das sind gravierende Verstöße gegen das Grundgesetz.

Vor diesem Hintergrund und im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes in Nordrhein-Westfalen bitte ich Sie dringend mir mitzuteilen, welche Behörde und welche Abteilung zuständig und verantwortlich ist um folgende Frage zu beantworten:

Aus welchen Gründen wird die Kritik der Speziellen Relativitätstheorie im öffentlichen Bildungssystem nicht vermittelt und nicht behandelt?

Für Ihre Auskunftserteilung bis zum 12.03.12 danke ich im voraus und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Jocelyne Lopez 

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Siehe auch:

Antwort der Bundesministerin Annette Schavan auf meine Anfrage wegen Vermittlung der Relativitätstheorie im Bildungssystem

 

  

Eine Antwort zu “Verdacht auf Verstoß gegen das Grundgesetz: Anfrage an Ministerin Annette Schavan”

  1. Jocelyne Lopez

    Ich habe diese Anfrage im Kritiker-Forum MAHAG zur Diskussion gestellt, wo sie eine rege Beteiligung ausgelöst hat. Ich verweise zum Beispiel auf einige Austausche mit einem Teilnehmer, der sich nicht vorstellen kann wie die Bestimmungen des Grundgesetzes umzusetzen werden können und wie die Kritik der Relativitätstheorie überhaupt im Bildungssytem zu vermitteln und zu behandeln werden kann:

    Die Kritik der Relativitätstheorie muß zukünftig im Bildungssytem vermittelt und behandelt werden

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