Einsteins Relativitätslehre im Lichte der experimentellen Psychologie und des philosophischen Realismus
von Hans Henning
Einsteins Relativitätslehre im Lichte der experimentellen Psychologie
und des philosophischen Realismus
Hans Henning
Verlag Barth, Leipzig 1922 – Amazon
Das GOM-Projekt referiert stichwortartig in seiner Dokumentation diese Arbeit von Hans Henning:
Henning gesteht der Theorie nur zu, daß sie „keinen Rechenfehler“ hat, daß jedoch nicht
alles mathematisch „ Gültige“ auch physikalisch „wirklich“ sein muß (S. 1).
– Die Theorie ist „niemals jedoch in der erlebbaren und photographierbaren Wirklichkeit anzutreffen“ (S. 2): deshalb kann auch der Einstein-Film keine Bilder der „Wirklichkeit“ bieten, sondern nur Trickzeichnungen, die den Sehraum des Beobachters wiedergeben sollen, dabei jedoch Fehler machen, die die experimentelle Psychologie aufklären muß. „Nach den Gesetzen der physiologischen und psychologischen Optik sehen wir die Gegenstände der Außenwelt nicht in derjenigen Lage zueinander, die sie im wirklichen Raume einnehmen … Mit anderen Worten: der Sehraum deckt sich nicht mit dem objektiven Raum“ (S. 3).
– Analysiert das „Sophisma“ des Uhrenparadoxons: weil nach der Theorie beliebig angenommen werden darf, welches von zwei inertialen Systemen man als bewegt betrachtet, müßte einmal die eine Uhr, einmal die andere Uhr nachgehen, also beide Uhren gleichzeitig nachgehen: „d.h. sie gehen objektiv gleich“ (S. 5). Diese Vertauschung der Systeme ist zulässig nur im leeren Raum, in dem auch kein Schwerefeld existiert; „Befinden sich die Uhren jedoch in einem Schwerefeld – und in der objektiven Welt ist das natürlich der Fall – dann ist wieder die mathematische Vertauschung von Ruhe und Bewegung nicht mehr statthaft“ (S. 5).
– Zum unterschiedlichen Uhrengang: „Mechanische Uhren, die je nach der Geschwindigkeit des Zuges verschieden rasch gehen, Geschwindigkeitsänderungen mitmachen und Gesamtzeiten angeben, lassen sich nicht konstruieren“ (S. 4).
– „Wenn viele populäre Darstellungen der Relativitätslehre oder der Text des Einstein-Films wörtlich sagt: „ein vierjähriger Knabe kann nach zehn Jahren ein achtzigjähriger Greis sein, es kommt nur auf die Bewegung an“, so ist das ein krasser Unsinn“ (S. 6).
– „Unweigerlich hat der Zeitbegriff, welcher in der philosophischen Wirklichkeit und für objektive Geschehnisse gilt, die Eigenschaft der Nichtumkehrbarkeit. Eine bestimmte Wirklichkeitsphase kann nicht zugleich vergangen, gegenwärtig und zukünftig sein, sie kann sich auch nicht wiederholen“ (S. 10-11).
– Wirft der Theorie einen grundsätzlichen erkenntnistheoretischen Relativismus vor, stützt sich dabei auf ein Zitat von Weyl (Über Feld u. Materie. In: Ann. d. Phys. 1921): „Prinzipiell gesprochen ist also in der allgemeinen Relativitätstheorie nicht nur der Begriff der absoluten, sondern auch der relativen Bewegung verschiedener Körper gegeneinander sinnlos“ (S. 11).
– Erfindet zur Prüfung der behaupteten Längenkontraktion ein reales Experiment im Stil von Einsteins Eisenbahn-Gedankenexperimenten: zwei „Drahtgitter“, die als elektrische Kontakte dienen sollen, werden am Schienenweg so aufgestellt, daß der ruhende Wagen sie mit beiden Wagenenden gerade berührt und dann einen elektrischen Kontakt schließt; der fahrende Wagen soll laut Theorie verkürzt sein, würde daher im Vorbeifahren die beiden Drahtgitter nicht mehr gleichzeitig berühren und deshalb keinen elektrischen Kontakt schließen können. Der Wagen wird mit Sprengstoff beladen, der bei Kontakt mit beiden Drahtgittern den Wagen in die Luft sprengt: nun werden alle Relativisten zur Fahrt im Wagen eingeladen; wenn sie an die Verkürzung durch Bewegung glauben, müßten sie vertrauensvoll einsteigen. Henning erwartet: „Nur einige Führer bleiben zurück und gestehen: der Wagen muß explodieren, denn Naturgesetze sind unabhängig von den Einsteinschen Koordinatenbetrachtungen“ (S.13).
– Bestreitet die behauptete Relativität der Gleichzeitigkeit (GLZ): diese Relativierung stellt eine Bestreitung der GLZ dar, in klarem Widerspruch zu Einsteins eigener Aussage über die Gleichzeitigkeit in der physikalischen Beobachtung. Die Feststellung der GLZ ist nur eine „instrumentale Frage“ : „Es steht dem naturwissenschaftlich nichts im Wege, ein Ereignis A auf der Erde als gleichzeitig einem Ereignis B auf dem Mars zuzuordnen“ (S. 20).
– Weist durchgängig daraufhin, daß die Theorie stets objektive Sachverhalte und Täuschungen verwechselt und gleichbehandelt, und weist demgegenüber die Möglichkeiten zur Unterscheidung von Täuschung und objektiver Realität nach. Wer wie Albert Einstein alle Erkenntnis naiverweise nur von der Mitteilung persönlicher Beobachtungen von Beobachtern abhängig machen will, ruft die experimentelle Psychologie auf den Plan, die ihn über den Unterschied zwischen beobachtetem Sehraum und wirklichem Raum belehrt. Ironie des Schicksals: die Theorie will besonders „objektiv“ sein, fällt aber auf den Anschein des Sehraums herein, weil sie ihre eigenen Voraussetzungen nicht kennt. Eine naive Beobachter-Physik liefert noch keine Erkenntnisse; erst eine Theorie als geistige Konstruktion kann dies tun – wenn sie richtig ist. – Weist den reinen Propaganda-Charakter des Einstein-Films nach, referiert hierzu decouvrierende Stellungnahmen der damaligen wissenschaftlichen Berater und Autoren.
– Liefert übrigens eine vorzügliche Analyse des Fehlers in der angeblichen Zeitdilatation, erkennt das von den Relativisten so genannte „Uhrenparadoxon“ als „Sophisma“: ein Scheinproblem.
– Weist den Relativisten den Subjektivismus ihrer „Beobachter“ und den erkenntnistheoretischen Relativismus ihrer Behauptungen nach, den die Relativisten besonders gern bestreiten. Eine der gedankenreichsten kritischen Schriften.
- 4. September 2011
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