Zur Kontroverse zwischen den Herren Th. Wulf und H. Reichenbach

von W. Anderson

Zur Kontroverse zwischen den Herren Th. Wulf und H. Reichenbach
W. Anderson

In: Astronomische Nachrichten. 214. 1921, Nr. 5114, Sp. 35-38. 
adsabs.harvard.edu

Das GOM-Projekt referiert stichwortartig in seiner Dokumentation diese Arbeit von W. Anderson:

– Zur Vorstellung der Relativisten, man könne auch die Erde als ruhend betrachten und dem Fixsternhimmel die Drehung (um die Erde) zuschreiben: Reichenbach hatte beide Deutungen (Drehung der Erde; Drehung des Fixsternhimmels) als äquivalent bezeichnet und die Drehung der Fixsterne um den „Erdmittelpunkt“ genannt: Anderson korrigiert, daß die Drehung der Fixsterne um die „Himmelsachse“ erfolgt. Nach Reichenbach soll durch die Bewegung der Sterne ein Gravitationsfeld entstehen; „Also jeder Stern macht, so zu sagen, sich selbst ein Gravitationsfeld, welches den betreffenden Stern um die Himmelsachse im Kreise dreht. Aber warum bilden die Mittelpunkte aller dieser Kreise eine gerade Linie (die Himmelsachse)? Durch blinden Zufall? Und warum geht diese gerade Linie durch den Mittelpunkt der Erde? Auch durch Zufall? Und warum bewegen sich alle Sterne parallel und nach gleicher Richtung? Jeder Stern könnte sich ja ein beliebiges Gravitationsfeld durch seine Bewegung in beliebiger Richtung machen!“ (Sp. 35-36).

– Die Annahme der Relativisten, das vom bewegten Stern erzeugte Gravitationsfeld nehme mit der Entfernung des Sterns von der Drehachse zu, wird bereits durch gegenteilige Beobachtungen auf der Erde widerlegt, wonach das Gravitationsfeld auf dem Montblanc merklich schwächer ist als in tieferen Gegenden: „Also nimmt die Stärke des Gravitationsfeldes mit der Entfernung von der Himmelsachse nicht zu, sondern ab“ (Sp. 36).

– Analysiert in gleicher Schärfe Reichenbachs Karussell-Analogie (Sp. 37) und Beispiel der Fliege in Einsteins frei fallendem Äquivalenzkasten (Sp. 38).

Die elementare Verwechslung von Erdmittelpunkt und Himmelsachse (und die daran geknüpften, wahrhaft kosmischen Auswirkungen) durch die Koryphäe Reichenbach zeigt das Niveau der Theorie.

– Anderson verzichtet noch auf den logisch nächsten kritischen Schritt. Die Behauptungen der Relativisten für die Erde (Drehung des Fixsternhimmels) müßten nämlich ebenso für alle (!) anderen sich drehenden Himmelskörper gelten, einundderselbe Fixsternhimmel müßte sich also zugleich (!) in verschiedenen (!) Achsen drehen.

Die Kritik der Allgemeinen Relativitätstheorie zeigt eine völlige Analogie zur Speziellen Relativitätstheorie: die Relativisten konstruieren ihre Version von Relativität immer nur für ein einziges Paar von zwei Systemen; da in der Wirklichkeit meist aber noch einige andere Systeme der gleichen Art existieren, sprengt deren Einbeziehung sofort die absurden Konstruktionen.

– Die Relativität wird so durch konsequente Anwendung auf die vollständige Wirklichkeit gewissermaßen selbst wiederum „relativiert“ und ihrer angeblich absoluten Bedeutung entkleidet.

Eine Antwort zu “Zur Kontroverse zwischen den Herren Th. Wulf und H. Reichenbach”

  1. Peter Rösch

    Gut gewähltes Titelbild! Eine passende Ehrung für den Jesuiten Theo Wulf!

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