Aus meinen philosophischen Knast-Notizen: „Zu Raum und Zeit“

von Wolfgang Harich

Aus meinen philosophischen Knast-Notizen: „Zu Raum und Zeit“
Wolfgang Harich

In: Der Mensch – Subjekt und Objekt. Festschrift für Adam Schaff. Hrsg.: Tasso Borbé. Wien: Europaverlag 1973, S. 145-172.

Die Forschungsgruppe G.O. Mueller referiert in der Ergänzung des Kapitels 4 ihrer Dokumentation diese Arbeit von Wolfgang Harich:

Zur Entstehung des Textes teilt der Autor mit (S. 145): 1963 hatte er im Strafvollzug der DDR Gelegenheit, das folgende Lehrbuch zu lesen: „Grundlagen der marxistischen Philosophie. Autorenkollektiv: F. W. Konstantinow (u.a.). 4. Aufl. Berlin 1961. 748 S.“ Er hat daraus Exzerpte gemacht und sie kommentiert. Eine Auswahl aus diesen Knastnotizen hat er in der Festschrift für Adam Schaff veröffentlicht. Die Relativitätstheorie wird auf den Seiten 157-160 behandelt: sie beziehen sich auf die Seiten 149-157 des obengenannten Lehrbuchs.

Begrüßt die Kritik der Urknall-Theorie. Beim angeblich gekrümmten Raum „werden Eigenschaften der Materie kritiklos auf den Raum selbst übertragen“ (S. 157). Wenn eine Expansion stattfinden sollte, dann „würde es sich immer noch lediglich um die Expansion der Materie i m Raum handeln, nicht um eine solche des Raums selbst.“ „Die räumlichen Formen der Dinge ändern sich i n der Zeit, aber doch nicht Raum und Zeit selbst!“ (S. 157).

Faktisch existiert nun einmal die Materie im Raum, und sie hat dort seit Ewigkeit existiert, so daß es auch niemals eine Zeit gegeben haben kann, in der keine Materie vorhanden gewesen wäre. Aber damit ist doch nicht gesagt – und das wird von Engels auch nirgends behauptet – daß Raum und Zeit d u r c h die Materie existierten, daß sie von der Materie gleichsam erzeugt, durch sie bedingt, von ihr getragen seien. Und schon gar nicht heißt es, daß die Materie auf Raum und Zeit irgendwelche Wirkungen ausübe, den Raum „krümme“, den Zeitablauf verändere usw.“ (S. 158).

Die nichteuklidischen Geometrien … betreffen gar nicht den Raum als solchen und sind nicht anwendbar auf ihn, sonder auf Körper i n ihm, was ein großer Unterschied ist. […] Unmöglich kann diese Gedankenkonstruktion als Beweis dafür herangezogen werden, daß es irgendeinen anderen Raum gäbe als den einen und einzigen realen Raum, dessen Struktur die Allgemeingültigkeit der der euklidischen Geometrie bedingt“ S. 158). „Das ganze Gerede von „nichteuklidischen Räumen“ läuft darauf hinaus, daß Konstruktionen des Kopfs für Realitäten ausgegeben werden“ (S. 159).

Die Einsteinsche Relativierung des Gleichzeitigkeitsbegriffs … ist ontologisch unaltbar. Jeder Zeitpunkt ist im gesamten unendlichen Weltall derselbe Zeitpunkt und kein anderer. Gleichzeitig sind daher Ereignisse, die, gleichviel an welchem Ort und in welchem „Bezugssystem“, objektiv zur selben Zeit stattfinden. Ob und wie die an sich seiende Gleichzeitigkeit weit entfernter Ereignisse festgestellt werden kann, ist eine ganz andere Frage, von deren Beantwortung die Definition der Gleichzeitigkeit überhaupt nicht berührt wird“ (S. 159-160).

‚Krümmung des Raumes‘ – reiner Nonsense. Materie kann „gekrümmt“ sein – im Raum. Gravitationsfelder großer Massen können Lichtstrahlen krümmen – was eine einfache Einwirkung von Materie auf Materie ist. Aber niemals kann der Raum als solcher gekrümmt sein. Die berühmte Ablenkung des Sternenlichts durch das Gravitationsfeld der Sonne … ist kein Beweis für die Krümmung des Raumes – genausowenig, wie der Raum sich krümmt, wenn ein Mädchen einen Busen kriegt“ (S. 160).

_ Bei der Diskussion von Harichs Kritik auf dem Harich-Kolloquium 2003 in Berlin (zu seinem 80. Geburtstag) bestätigte Peter Marquardt die guten Gründe Harichs für diese Kritik, gegen die aufgebrachten Theorieanhänger. – Für den Berichtsband „Das Wolfgang-Harich-Gedenkkolloquium, November 2003. Berlin 2005“ wurde nachträglich ein Beitrag des Physikers Meno Hochschild zum Thema: „Was ist Materialismus im Lichte der speziellen RT?“ hinzugefügt, der die Interessen der Theorieanhänger vertritt. – Bericht über das Kolloquium von Arnold Schölzel in: Junge Welt. 2003, 1. Dezember.

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Siehe auch vom Autor in diesem Blog:
„Glauben Sie doch nicht an diesen Einstein’schen Schwindel“

 

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