Weitere Widersprüche in der Interpretation des CERN-Neutrinoexperiments durch die PTB

von Jocelyne Lopez

Ich verweise weiter auf meinen Schriftwechsel aus dem Jahre 2012 mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) über die Klärung der Frage, wie die Uhren beim Neutrino-Experiment (CERN) synchronisiert wurden, siehe komplette Zusammenstellung der Austausche in diesem Blog: Neutrino-Experiment: Anfrage an die Physikalisch-Technische Bundesanstalt.

Da die Antwort vom 22.03.13 der PTB auf meine erneute Rückfrage weitere Widersprüche enthielt (CERN-Neutrinoexperiment: Die PTB löst den Widerspruch in ihrer Interpretation der Ergebnisse nicht), habe ich am 30.03.13 folgende E-Mail an die PTB geschickt:

 

30.03.2013 – Meine Antwort auf das Schreiben der PTB vom 22.03.2013:

An den Präsidenten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB)
Herrn Professor Dr. Joachim Hermann Ullrich
Betr.: Neutrino-Experiment zwischen CERN und LNGS
Unser Schriftwechsel zwischen dem 31.05.2012 und dem 20.03.2013
Meine Rückfrage vom 22.03.2013
Ihre Antwort vom 22.03.2013 (Robert Wynands)
Datum: 30. März 2013

Sehr geehrter Herr Dr. Wynands,

ich danke für Ihre Antwort vom 22.03.2013 auf meine Rückfrage vom selben Datum in obiger Angelegenheit.

Ich möchte zu Ihren folgenden Ausführungen Stellung nehmen:

Zitat PTB 22.03.2013:

die Physikalisch-Technische Bundesanstalt hat in insgesamt 22 Gesetzen und Verordnungen eine Fülle von Aufgaben übertragen bekommen. Die Erklärung von physikalischen Effekten für interessierte Laien zählt nicht zu diesen Aufgaben dafür gibt es Physikbücher, Studiengänge,VHS-Kurse.“

Zitatende

Dass die PTB insgesamt Aufgaben im Rahmen von 22 Gesetzen und Verordnungen zu erfüllen hat, ist weder ungewöhnlich noch einschränkend: Ich verweise auf Art. 20 III Grundgesetz, wonach jede öffentliche Stelle ohne Einschränkungen an alle Gesetze gebunden ist, denn niemand steht über dem Gesetz.

Es handelt sich auch bei meiner Anfrage keinesfalls um eine reine Laienfrage, sondern um einen gesetzlichen Anspruch der Öffentlichkeit, eine konsistente Interpretation der Ergebnisse eines extrem teuren Experiments zu erhalten, das sie mit Steuergeldern finanziert hat und woran die PTB sich maßgebend durch die Uhrensynchronisation beteiligt hat.

In diesem Zusammenhang mochte ich hier Kommentare des Lehrers Peter Rösch zu Ihrem Schreiben vom 22.03.2013 zitieren:

Zitat OStR Peter Rösch:

„es ist durchaus nicht so, daß es bei dem Anliegen der Frau Lopez das ich seit geraumer Zeit per Internet mitverfolge um eine reine Laienfrage geht.
[…]
Die Antwort auf die Expertenfrage, auf die Herr Dr. Wynands einzugehen gebeten wurde, findet sich in keinem Physikbuch/Studiengang/VHS-Kurs. Vielmehr betrifft sie das ureigenste Arbeits- und Sachgebiet des Herrn Dr. Wynands. Für mich als Physiklehrer wäre es sehr befreiend, wenn ich vom zuständigen Experten eine authentische und valide Antwort z. B. auf die Frage nach “c + v” erhalten könnte.

Ich habe mir gerade die geringe Mühe gemacht, einmal nachzuschlagen, was unsere aktuellsten Oberstufenphysikbücher zum Thema GPS zu sagen haben.

Beim DORN-BADER (2011) wird mit keiner Silbe mehr behauptet, daß das GPS etwas mit der Relativitätstheorie zu tun habe in klarem Unterschied zur Vorauflage (2000). Indem das Stichwort kurz im Kapitel über Relativitätstheorie aufscheint, wird ein Zusammenhang nur noch suggeriert behauptet wird er nicht mehr.

Die METZLER-PHYSIK (2011) weist dasselbe Phänomen auf: Auch hier ist jede klare Bezugnahme auf die Relativitätstheorie vermieden, wieder in krassem Gegensatz zur Vorauflage. Man war besonders schlau: Im Kapitel “Relativistische Kinematik” gibt es einen Kasten “Exkurs”, in dem das GPS abgehandelt wird ohne jede Bezugnahme auf eine Gesetzmäßigkeit der Relativitätstheorie!

Im ebenfalls aktuellen Oberstufenlehrbuch GIANCOLI (2011), das sogar den ausführlichsten Eindruck macht, findet sich vom GPS NullkommaNull.

Damit sind die Schullehrbücher jetzt auf der Linie, der das beliebte Technik-Handbuch “WIE FUKTIONIERT DAS?” (1998) folgt: Das GPS ist da ohne jede Bezugnahme auf “Einstein” erklärt. Auf diesen auffälligen Umstand habe ich vor zehn Jahren schon in einem Leserbrief an die Badischen Neuesten Nachrichten hingewiesen, der dann auch abgedruckt wurde.

Herr Priv. Doz. Wynands irrt also, wenn er meint, die Antwort auf die an die PTB gestellte Frage fände sich im Physikbuch.

Als Lehrer möchte ich jetzt doch darauf bestehen, von der PTB endlich eine nachvollziehbare und handfeste Aussage zu dem Problem zu erhalten, da ihr ureigenstes Arbeitsgebiet ebenso wie das meinige betroffen ist.“

Zitatende

  

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Zitat PTB 22.03.2013:

Laut Gesetz müssen wir unsere Leistungen nach der Zulassungskostenverordnung bzw. der Kostenverordnung für Nutzleistungen abrechnen die aktuellen Stundensätze finden sich auf unserer Webseite. Bei Bürgeranfragen haben wir bisher auf die Rechnungsstellung verzichtet, weil sich der Aufwand in der Regel in Grenzen hält. Dennoch müssen wir bei diesem Kulanzservice immer darauf achten, dass wir nicht als kostenloser Nachhilfedienst für Physik missbraucht werden.“

Zitatende

Meine Anfrage erfolgte im öffentlichen Interesse, wie ich es ausdrücklich geltend gemacht habe und wie es ohnehin aus der Thematik ersichtlich ist. Ich weise darauf hin, dass eine Gebührenbefreiung für Amtshandlungen vorgesehen ist, die im öffentlichen Interesse geleistet werden, sowohl im Niedersächsischen Verwaltungskostengesetz §2 (2) als auch im Berliner Informationsfreiheitsgesetz § 2 (2). Ihre Unterstellung, ich würde bei meinem Anliegen die PTB als kostenloser Nachhilfedienst für Physik missbrauchen, empfinde ich als fehl am Platz und unsachlich.

 

Nun zu verschiedenen Aussagen über die Interpretation der Ergebnisse des Experiments durch die PTB, die aus meiner Sicht Widersprüche enthalten und somit weiterhin klärungsbedürftig sind:

 

Zitat PTB 28.06.12:

„Die Kalibrierung von GPS-Zeitsynchronisationsverbindungen ist seit Jahren eine Routineangelegenheit für die Zeitlaboratorien dieser Welt. Die hohe Präzision, die dort erreicht wird, ist nur möglich, indem alle relevanten Effekte von Relativitätstheorie, von Atmosphärenphysik und von der Elektronik in den Satellitenterminals berücksichtigt werden. Sie können also beruhigt sein, dort ist nichts schief gegangen.“

Zitatende

Diese Aussage, dass die hohe Präzision der Messungen nur möglich ist, indem die relevanten Effekte der Relativitätstheorie berücksichtigt werden, steht im Widerspruch zu verschiedenen, im Internet zugänglichen Fachveröffentlichungen, wie zum Beispiel eine Fachstudie aus dem Jahre 1996 der beiden Autoren Henry F. Fliegel und Raymond S. DiEsposti:

GPS and relativity: an engineering overview; [S. 198-199:]
Questions and Answers. 1996. 12 S. (=S. 189-199)
http://tycho.usno.navy.mil/ptti/1996/Vol%2028_16.pdf

die genau das Gegenteil darlegt: Die relativistischen Effekte der SRT werden bei der GPS-Technologie routinemäßig nicht berücksichtigt, weil sie unerheblich und irrelevant sind (zu geringfügig).

CARROLL ALLEY (UNIVERSITY OF MARYLAND) bemerkt zum Schluss ausdrücklich: … it’s the absence of any explicit acknowledgement of special relativistic effects due to the speed of light being the same whenever measured by an observer, leading to the relativity of simultaneity and the associated Lorentz transformation physics – there’s nothing of that at all modeled in the current system” …

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Zitat PTB 22.03.2013:

„Ob man es mag oder nicht: Unabhängig davon, was in Blogs, Tweets oder sonstwo geschrieben wird, es gibt keinen einzigen experimentellen Beleg dafür, dass irgendein Materieteilchen oder Information sich im Vakuum schneller als das Licht bewegt.

Zitatende 

Diese Aussage, es sei nie experimentell nachgewiesen worden, dass Materieteilchen oder Informationen schneller als c laufen, steht im eklatanten Widerspruch mit der routinemäßigen Zugrundelegung des Sagnac-Effekts c+v bei der GPS-Technologie, der auf einem experimentellen Beleg beruht: Das Licht selbst läuft ja mit c+v. Tun es die Neutrinos etwa nicht?

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Zitat PTB 22.03.2013:

„Ein üblicher Fehler im Bereich der Relativitätstheorie, der zu endlosen Diskussionen führen kann, ist, dass man in einem Koordinatensystem (Bezugssystem) anfängt zu rechnen und zwischendurch, ohne es zu merken, in einem anderen System weiterrechnet. […] Solch ein unbemerkter und unbeabsichtigter Wechsel des Bezugssystems passiert leichter, als man denkt, zum Beispiel wenn man Formeln aus verschiedenen Quellen nutzt und diese Quellen (implizit oder explizit) unterschiedliche Bezugssysteme verwenden“

Zitatende

Die weiter oben zitierte Fachstudie der Autoren Henry F. Fliegel und Raymond S. DiEsposti lässt leider das unbemerkte Auftreten dieses Methodologie-Fehlers bei der offiziellen Interpretation des CERN-Experiments vermuten. Es wird in der routinemäßigen GPS-Technologie bei der Auswertung der Meßdaten mit zwei verschiedenen Bezugssystemen gearbeitet: Es erfolgt ein Wechsel zwischen dem realen, bewegten Bezugssystem „rotierende Erde“ (gemäß Sagnac) und einem fiktiven, ruhenden Bezugssystem „Erdmittelpunkt“ (gemäß ECI – Geocentric Earth Centered Inertial System), wobei man Formeln aus verschiedenen Quellen nutzt: c+v gemäß Sagnac, c=const gemäß Einstein. 
 

Vor diesem Hintergrund ist es unbedingt erforderlich zur konsistenten Interpretation der Ergebnisse des CERN-Experiments durch die Öffentlichkeit, dass die PTB folgende wesentliche Punkte noch klärt: 

  1. Trifft es zu, dass entgegen der Auskunft der PTB die Effekte der Speziellen Relativitätstheorie aufgrund ihrer Geringfügigkeit und Irrelevanz bei der routinemäßigen GPS-Anwendung nicht berücksichtigt werden?
  2. Trifft es zu, dass entgegen der Auskunft der PTB experimentell nachgewiesen wurde, dass der Sagnac-Effekt gilt und dementsprechend das Licht mit c+v läuft?
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  3. Trifft es zu, dass bei der Auswertung der Meßdaten mit zwei verschiedenen Bezugssystemen gearbeitet wird, und zwar mit einem realen, bewegten Bezugssystem „rotierende Erde“ und mit einem fiktiven, ruhenden Bezugssystem „Erdmittelpunkt“?
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  4. Wenn ja, trifft es zu, dass gemäß dem Vorgang von N. Ashby die PTB zur Transformation der Zeit zwischen den beiden Systemen die Galilei-Transformation (t´ = t) und nicht die Lorentz-Transformation ( t´ = Y (t – x v / c2) ) verwendet?

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Für eine Antwort bis zum 30. April 2013 danke ich im Voraus und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Jocelyne Lopez

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Eine Antwort zu “Weitere Widersprüche in der Interpretation des CERN-Neutrinoexperiments durch die PTB”

  1. 07.02.2014: LANUV NRW vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf angeklagt | Blog - Jocelyne Lopez

    […] Zitat PTB 22.03.2013: […]

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